Das Pflichtteil im Erbrecht

Erbrecht Pflichtteil, was man darüber wissen sollte

Grundsätzlich räumt das deutsche Erbrecht einer natürlichen Person das Recht ein, durch Testament oder Erbvertrag von Todes wegen über den Übergang seines Vermögen in das Eigentum einer anderen Person zu verfügen. Diese Testierfreiheit kann allerdings rechtlich eingeschränkt sein. Zu den wichtigsten dieser rechtlichen Beschränkungen der Testierfreiheit zählen die Pflichtteil-Regelungen.

Unter „Pflichtteil“ versteht das Erbrecht eine nur in Ausnahmefällen entfallende oder per letztwillige Verfügung auszuschließende Mindestbeteiligung von Abkömmlingen, Ehegatten Lebenspartnern sowei Eltern am Nachlass. Wem nach deutschem Recht durch das Erbrecht Pflichtteil zusteht, ist im Wesentlichen durch die §§ 2303 – 2338 BGB und durch §10 LPartG geregelt.

Nach deutschem Erbrecht ein Pflichtteil  beanspruchen können in der Regel abstammende und adoptierte Kinder, Gatten und Lebenspartner. Eltern und andere Abkömmlinge als die Kinder, also Enkel, Urenkel, etc., sind gemäß 2309 BGB nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn keine sie in der gesetzlichen Erbfolge ausschließenden Abkömmlinge pflichtteilsberechtigt sind. Das heißt z. B., der Sohn ist vor dem Enkel pflichtteilsberechtigt. Geschwister, Großeltern und entferntere Verwandte besitzen keinen Pflichtteilsanspruch. Nach § 93 SGB XII kann der Pflichtteilsanspruch eines Sozialhilfeempfängers ganz oder teilweise auf den Sozialhilfeträger übergehen.

Die Pflichtteilsberechtigten können die Hälfte des Anteils am Nachlass, der ihnen gesetzlich zustehen würde, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung erlassen hätte, verlangen.

Fallbeispiel:

Hat ein verwitweter Erblasser ein Kind, würde es nach gesetzlicher Erbfolge Alleinerbe werden. Hat der Erblasser das Kind in seinem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, würde dem Kind dennoch ein Pflichtteilsanspruch von 50 % am Nachlass zustehen.

Ist dem Pflichtteilsberechtigten per Testament ein Erbteil zuerkannt worden, der geringer ist als der Pflichtteil, hat er einen Ergänzungsanspruch (Pflichtteilsrestanspruch, § 2305 BGB).

Der Pflichtteilsanspruch kann nur bei Vorliegen seltener, abschließend im BGB in § 2333 aufgelisteter Gründe entzogen werden. Zu diesen Gründen gehören Tötungspläne oder Verbrechen zuungunsten des Erblassers oder eines ihm nahe stehenden Menschen, böswillige Verletzungen von Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser, mindestens einjährige Freiheitsstrafe oder Zwangsunterbringung in einer psychiatrischen Anstalt wegen einer Vorsatztat. Ferner kann der Erblasser bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. Verschwendungssucht, Überschuldung des Pflichtteilsberechtigten) den Pflichtteil in guter Absicht beschränken. So kann er u. a. bestimmen, dass der Pflichtteilsberechtigte nur lediglich als Vorerbe für seine Kinder über den Nachlass verfügen darf (§ 2338 BGB).

Der Pflichtteilsberechtigte kann gem. § 2346 II BGB auf seinen Pflichtteil verzichten. Drei Jahre nach Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis davon erlangt hat, dass der Erblasser gestorben ist, verjährt sein Pflichtteilsanspruch. Bei fehlender Kenntnis des Erbfalls tritt Verjährung 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers ein.